Am letzten Wochenende war ich in Peking und habe mir die chinesische Mauer angesehen. Da ich nicht den üblichen Touristenwegen folgen wollte, habe ich mich etwas eingelesen und einen Teil der chinesischen Mauer ausgewählt, der touristisch nicht erschlossen und auch eigentlich nicht öffentlich zugänglich ist. Der Plan ging am Ende auf und ich begegnete vielleicht 20 Menschen auf diesem Mauerabschnitt. Kein Vergleich zu den Besucherzahlen des öffentlichen Bereichs.
Die chinesische Mauer zählt du den Weltwundern und ist nach neusten Berechnungen 21.196,18 Kilometer lang. Sie erstreckt sich über zwölf Provinzen. Auf ihrer gesamten Länge ist sie immer wieder unterbrochen. Ein Großteil der Mauer ist in schlechtem Zustand. So auch der in dem ich wandern war. In Peking gibt es aber auch vier ausgebaute Abschnitte. In einem davon endete meine Wanderung.
Für die unter euch, die diese Wanderung auch einmal antreten wollen:
Das Abenteuer begann um 06:30 Uhr an der Bushaltestelle Dongzhimen. Von dort aus ging es mit der Buslinie 916 Express (Bus mit einem Zeichen hinter der 916) - man kann auch mit der 916 fahren, dauert nur länger - zunächst nach Huairou. Nach dem einsteigen in den Bus hieß es erstmal die einzelnen Lagen der Kleidung wieder ausziehen. Ich wusste es wird kalt und zügig auf der Mauer, immerhin haben wir schon November, also habe ich drei Pullover und eine Jacke angezogen. Dann steige ich in den Bus ein und der Busfahrer hat den Bus auf 27 Grad aufgeheizt...Ist zwar schön warm, aber wenn man danach wieder aussteigen muss und draußen gerade Mal um die 3 Grad sind, dann ist der Temperaturunterschied doch etwas heftig.
Nach ungefähr 1,5 Stunden fahrt hat uns, neben der Durchsage im Bus, auch der Polizist im Bus freundlicherweise einen Hinweis gegeben, dass wir aussteigen mussten. In Huairou angekommen wurden wir erstmal von Taxifahrern belagert. Am besten geht man den ersten Taxifahrern erstmal aus dem Weg.
Unser Startpunkt lag kurz vor Xizhazi. Das Dorf ist zwar auch mit einem Bus erreichbar, dieser fährt allerdings erst ab 11 Uhr. Deshalb muss man sich leider irgendwann einem Taxifahrer stellen. Eine in unserer Gruppe hat sich eine App runtergeladen mit der wir uns ein eigenes Taxi rufen konnten und keinen der Taxifahrer am Stand nehmen mussten. Hat man diese App nicht, muss man auf jeden Fall handeln. Im Zweifel gehen. Der Fahrer kommt schon nach oder ein neuer kommt. Das erste Angebot eines Taxifahrers lag bei 200 Yuan, weil er angeblich auch 1,5 Std. zu diesem Dorf fahren muss. Realistisch ist ein Preis von ca. 100 Yuan und die Strecke dauert ca. 40 Minuten. Ich habe es bei dem Taxifahrer versucht und er hätte uns am Ende auch für 100 Yuan mitgenommen. Ich fand das Angebot nur sehr dreist und wollte ihm dann keinen Cent mehr geben.
Nachdem unser neuer Taxifahrer angekommen war, fuhren wir in eine sehr abgelegene Gegend. Auf der Strecke schlängelt man sich um die Berge, vorbei an kleinen Dörfern und man sieht an der ein oder anderen Stelle bereits die Mauer durchblitzen.
Mit der Karte von maps.me habe ich den Weg des Taxis genau verfolgen können und dem Taxifahrer ein Zeichen gegeben als er uns an einem Feldweg auf der linken Seite kurz vor Xizhazi rauslassen sollte. Auf der Karte sieht man den gesamten Feldweg, sieht wo er auf die Mauer trifft und kann auch den Verlauf der Mauer verfolgen. Man weiß somit die ganze Zeit, ob man auf dem richtigen Weg ist.
Man folgt dem Weg leicht bergauf für ca. 30 Minuten und gelangt dann zu einer Leiter. Diese Leiter wurde von einem einheimischen Bauern aufgestellt. Als wir ankamen war er noch nicht dort und wir hatten schon gedacht, dass wir ohne zu bezahlen durchgekommen sind. Aber er hatte uns bereits auf dem Feldweg gesehen und sich auf den Weg gemacht. Kurz nach dem wir auf der Mauer standen, tauchte er hinter uns auf und wollte Geld. Wir gaben ihm für uns drei 20 Yuan. (Tipp: Kleingeld mitnehmen, er wechselt natürlich nicht.)
Da hatten wir es nach drei Stunden Anreise also geschafft und waren auf der Mauer. Nun hieß es nur noch immer ostwärts laufen Richtung Mutianyu :D
Einfach ist etwas untertrieben...Es hat super viel Spaß gemacht und die Zeit verging wie im Flug, aber ich habe das eine oder andere Mal ganz schön mit mir kämpfen müssen. Meine Höhenangst hat sich an den Kletterpassagen immer wieder gemeldet. Also habe ich versucht währenddessen möglichst nur nach oben und zur Seite zu schauen. Am Ende war ich jedes Mal sehr stolz auf mich, dass ich den Abschnitt geschafft habe und meine Angst überwunden hatte. Es wurde auch von Kletterpartie zu Kletterpartie besser. Mein neues Hobby wird es aber trotzdem nicht. Das Klettern am Abgrund ohne Sicherung und in der Gewissheit, dass man wenn man fällt vermutlich auch nicht gut davonkommt, war ein Nervenkitzel den ich jetzt nicht jeden Tag brauche. Auf der anderen Seite bin ich wieder an meinen Aufgaben gewachsen und die Aussicht ist auf jeden Fall eine Belohnung für die Anstrengung. Außerdem ist es im Team nur halb so schlimm und man kann sich gegenseitig gut unterstützen. Ich war auch sehr froh, dass uns ein erfahrenerer Peruaner weitergeholfen hat. Er zeigte uns an einer Stelle wo und wie wir eine Wand hochklettern sollten. Alleine wäre ich nie darauf gekommen. Dort hangen zwar rote Bänder - rote Bänder waren immer ein Zeichen für: hier geht es lang -, aber ich wollte das nicht so ganz glauben. Aber es war so. Ab auf den Baumstumpf und los geht es :D Vor Schreck haben wir ganz vergessen Fotos zu machen.
Sehr schön war auch die Ruhe. In einigen Passagen hörte man nur Vögel und den Wind. Das habe ich schon eine Weile nicht mehr in der Art gehabt, dass die Naturgeräusche die einzigen Geräusche waren. Das hat mir gut gefallen :)
Ich vermute eigentlich war die Strecke die wir zurückgelegt haben nicht sonderlich lang, aber wir waren sechs Stunden unterwegs bis wir zum öffentlichen Teil der Mauer in Mutianyu gelangten. Der Zustand der Mauer wurde Stück für Stück besser, sodass man weniger klettern und mehr rutschen oder gehen konnte.
Bevor es auf den öffentlichen Teil der Mauer ging haben wir noch Eintritt zahlen müssen (40 Yuan - deutlich günstiger als am offiziellen Eingang). Ich glaube man kann sich auch rechts an dem Polizisten vorbei schmuggeln und später wieder auf die Mauer gehen, aber ich fand den Eintritt ok. Irgendwie müssen sie die Instandhaltung ja auch bezahlen und es sind auch nur 5 Euro.
Auf diesem Stück sind wir dann auch nochmal ca. eine Stunde gelaufen und haben uns dann eine Abfahrt mit der Sommerbobbahn gegönnt. Belohnung muss sein :D
Unten angekommen geht man noch ca. 3 - 4 Kilometer zur Bushaltestelle und fährt dann mit dem Bus H24 oder H23 oder H25 wieder nach Huariou und von dort aus wieder zurück in die Stadt.
Pekingente, Bier und glücklich ins Bett
Ich würde die große Mauer auf keine andere Weise besucht haben wollen und bin froh, dass ich mich dazu entschieden habe und mich nicht habe abschrecken lassen. Es ist definitiv kein einfacher Wanderweg und nicht für jeden geeignet, aber ich empfehle die Strecke jedem, der fit ist und eine besondere Erfahrung machen möchte. Immer wenn man denkt: hier kann ich nicht richtig sein, niemals; ist man genau richtig :D Für mich war es ein super Tag an den ich mich immer gerne erinnern werde und eine einmalige Erfahrung. Viel Spaß!
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Joëlle (Freitag, 16 November 2018 19:17)
Wow, was für ein Ausflug...oder besser Abenteuer :) Danke für die tollen Bilder, der Weg sieht sehr beeindruckend aus! Und schön, dass ihr für solche Ausflüge noch Zeit übrig habt. Das ist bestimmt ein toller Ausgleich zur Arbeit und dem Kampusleben.
Liebe Grüße an die chinesische Bergziege :D
Beate (Donnerstag, 15 November 2018 20:14)
Das sind eindrucksvolle Bilder und toll geschrieben... ich werde das ganz sicher nicht erleben :-) Danke Schatz!! Auch für deine Postkarte aus so weiter Ferne, wie das heute möglich ist - wunderbar :-)